Montag, 12. Oktober 2009

Dali, 7. Oktober 2009

„Alles was am Himmel fliegt und was man sehen kann, ausser Flugzeuge, alles was in Flüssen und im Meer schwimmt, ausser U-Boote, alles was auf vier Füssen auf dem Boden steht, ausser Tische und Stühle – alles das essen Chinesen.“ Das habe ich bei Xinran gelesen, einer chinesischen Schriftstellerin, die nun in England lebt.
Und denke daran bei meinem ersten Rundgang in Dali, der Stadt, die es etwas schwer hat nach dem friedlichen Landleben in Shaxi. Das Hotel, das ich gebucht habe, ist ein Youth Hostel ohne Charme, bzw. mit chinesischem Charme, kitschiger Teich und Affen in winzigen Käfigen, die Toiletten sind schmutzig und Zimmer mit privater Toilette gibt es nicht. Ich verabschiede mich und bin ausnahmsweise bereit, mein Budget extrem zu übersteigen und für eine Nacht in einem Gasthaus abzusteigen, das ich in meinem Führer finde. Für rund 60 Franken pro Nacht. Schliesslich habe ich die letzten paar Tage mit meinem 6 Franken Zimmer genügend gespart. Das hatte zwar auch keine privaten Toiletten, doch war es extrem sauber und angenehm. Für eine Nacht bin ich nun in einem teuren Touristenhotel im Ethno-Kitschstil - „Jim’s Tibetan Inn“ heisst es - einquartiert. Ich bin nicht bis ins Tibet gekommen und kann deshalb nicht urteilen, doch nach meinem Geschmack ist das nicht. Und beklage mich nun hier ungeniert, dass Duschwasser sei nicht warm genug, die Solarheizung hat es für heute nur ungenügend gewärmt. Worauf man den Boiler einschaltet, ich stelle den Heizradiatoren ein, etwas, das es zum ersten Mal im Zimmer hat, und richte auch hier erst das ganze Zimmer neu ein. Eine Leidenschaft von mir. Ich kann mich in einem Hotelzimmer nur nach dieser Zeremonie zuhause fühlen. Und habe dabei ein paar Eigenheiten chinesischer Hotelzimmer festgestellt. Häufig stehen die Betten mit dem Kopfteil Richtung Fenster, so dass man aufgerichtet die Wand anstarrt. Das ist natürlich komplett falsch, im Bett sitzend, möchte ich zum Fenster hinaus schauen. Weshalb ich immer erst etwas arbeiten muss. Sei es auch nur für eine Nacht wie hier.

Zurück zu Xinran, bzw. dem Essen. In Dali Gucheng, „Dali Old Town“ auf Englisch und mehr als 20km vom modernen Dali entfernt, werden in den Restaurants Speisen angeboten, die ich so noch nirgendwo vorher angetroffen habe. Die aber durchaus unseren Vorstellungen vom Essverhalten der Chinesen entsprechen. In den Auslagen vor den Restaurants finden sich hier nicht nur die unterschiedlichsten Gemüse, Raps samt Blüten und rote Rosen, sondern auch noch jegliches Getier, im See nebenan scheint viel zu gedeihen, nebst Fischen und Muscheln und Krebsen und Fröschen auch Libellenlarven. Und Flechten und Algen und Moose und dicke Maden, die träge herumkrabbeln, finden sich auch in den Auslagen. – Ich hingegen freue mich auf das Europäische Frühstück morgen mit Müsli, Toast und Kaffee, das im Zimmerpreis immerhin inbegriffen ist.

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