Freitag, 9. Oktober 2009




Shaxi, 5. Oktober 2009

Über Finanzen und Bildung. Mr. Guo, der pensionierte Englischlehrer erzählt mir, er habe zwischen 3000-4000 Yuan verdient, das sind etwa 600.-Franken pro Monat. Damit könne man gut leben. Auch mit seiner Pension sei er zufrieden, nicht deshalb arbeite er nun als Touristenführer. - Wobei er das Geld trotzdem gerne nimmt.
Keith Paterson aus Südafrika, Chef der Sunshinetechnology Abteilung China wiederum erklärt mir, sie würden einem lokalen Forstaufseher umgerechnet knapp 1300 Franken bezahlen. Das sei hier ein gutes Salär. Sein Chauffeur – und damit wohl ein normaler Arbeiter – erhalte etwa 350 Franken. Sein eigenes Salär werde ihm im Ausland ausbezahlt und hier in China habe er kaum Kosten, denn Wohnung, Chauffeur und Spesen, alles sei ja bezahlt. Auf der Homepage von Sunshine Technology stelle ich fest, dass dies ein international tätiges Unternehmen für erneuerbare Energien ist, ökologisch und sozial verträgliche Prinzipien. Und mein Bekannter habe in Simbabwe das FSC Label eingeführt. Einziger Tintenklecks auf der Homepage: Sitz der Firma sind die Bermudas.
Die einzige Frau, die in Shaxi arbeitet und gut Englisch spricht, ist eine Frau aus Guangzhou, die eine Kaffeebar führt. Sie meint, sie sei glücklich hier, sie habe genug gehabt von diesen Riesenstädten. Ihre Eltern seien Ärzte gewesen. Mit der Pension, 1500 Yuan, weniger als 300 Franken pro Person, da könne man in einer Stadt nur knapp leben. China gehe es zwar jetzt schon besser, doch die Leute hätten alle Angst, ihre Arbeit zu verlieren. Geld sei sehr wichtig, es werde gespart wie verrückt. Obwohl mit der Teuerung das Geld jährlich weniger wert habe. Die Zinsen würden die Teuerung nicht ausgleichen, denn in China gäbe es keine Konkurrenz unter den Banken. Einzig der Staat habe das Recht welche zu betreiben. – Was Wunder, dass ich mein Geld immer in der „Bank of China“ wechsle.

Zur Bildung. Der Oberschüler George erklärt mir, dass die Kinder in China bereits mit fünf Jahren eingeschult würden. Das sei sehr hart, Schule in China, das heisse auswendig lernen und Prüfungen. Zum Lesen oder zu Konversationsübungen, da komme man nicht. Weshalb viele Chinesen schriftlich recht gut Englisch könnten, aber dafür nicht sprechen. Da komme man kaum dazu. Viele hätten auch Angst, es zu versuchen. 6 Tage pro Woche gehe er in der Oberstufe zur Schule. Häufig müsse er nach 9 Stunden Schule noch bis in die tiefe Nacht hinein lernen. Im Sommer und im Winter hingegen, da hätten sie je zwei Monate Ferien. – Die Eltern, die dabei sitzen, sind offensichtlich sehr stolz auf ihren begabten und ehrgeizigen Sohn.
Zu den Ausbildungsmethoden. In Lijiang beobachte ich kurz vor dem Nationalfeiertag wie das Personal eines Luxushotels im Freien geschult wird. Trotz widrigstem Wetter. Wohl für den Empfang von erwarteten hohen Gästen. Es geht barsch zu und her, militärisch, Befehle werden herumgeschrieen, die Leute bewegen sich wie Marionetten im Gleichschritt. So etwas würde sich kaum jemand in der Schweiz gefallen lassen.

Die chinesischen Touristen in Shaxi werden immer noch zahlreicher, die recht dürftige touristische Infrastruktur ist total überlastet, die Leute sind in Feststimmung. Meine zweite Stammbeiz hier ist heute Abend ebenfalls überfüllt, auch eine Gruppe junger Amerikaner besetzt einen Tisch, sie fallen durch ihre Leibesfülle auf. Ich setzte mich in eine freie Ecke und warte. Und schaue zu. Hier ist zwar die Küche hinten, den Köchen kann man nicht in die Pfannen schauen, dafür hat es vorne einen riesigen Kühlschrank mit Glastüre, in dem sich verschiedenste Gemüse und Fleisch und Fisch und Tofu stapeln, so dass ich mir bereits mein Menu zusammenstelle im Kopf. Die Tische sind von palavernden Gruppen von Leuten besetzt, recht bald kommt eine Frau besorgt zu mir und will mir helfen, ich würde ja nicht bedient. Die Leute sind sehr vorsorglich hier, ich denke, bereits die Tatsache, dass ich alleine bin, weckt bei ihnen einen Beschützerinstinkt. Auch diesmal Leute aus Kunming und auch sie sprechen sehr gut Englisch. Ich bin langsam wirklich gespannt auf diese Stadt. Mit Tee und Bier und irgend was Selbstgebranntem - auch Limonade geht, das scheint hier nicht darauf anzukommen - gibt es nun ein allgemeines Zuprosten, auch die Amerikaner werden alle freudig begrüsst, man ist fröhlich und zeigt sich von der besten Seite. Schimpft mit dem Wirt, weil er mich so lange hat warten lassen, obwohl ich beschwichtige, dass ich dies gut verstehe, bei all dieser Arbeit. Der Wirt wiederum bietet mir bereits zum dritten mal Zigaretten an, obwohl ich bisher alle abgelehnt habe, vielleicht denkt er, ich getraue mich nicht zu akzeptieren. Mein Essen kommt, Kabis gedämpft, simpel eigentlich, nicht durchgekocht, doch der schmeckt wunderbar, weisser Reis und kleine frittierte Fischchen mit gebratenen Minzenblättchen, die schmecken ganz ausgezeichnet, wenn man ihnen nicht zu tief in die Augen schaut. Ich esse sie mit Haut und Haar, besser Stumpf und Stiel. Die Wirtefamilie setzt sich nun, wo alle ihr Essen haben ebenfalls und die Frau löscht das Licht im Kühlschrank, genug verdient für heute. Einer der Männer steckt seine Zigarette in eine Art Wasserpfeiffe, geraucht wird viel hier, das stört niemanden beim Essen, seine Augen sind bereits gerötet, und bietet mir selbstgemachten Schnaps an, in dem Pfefferschoten oder sonst etwas schwimmen. Ich lehne dankend ab.

1 Kommentar:

  1. Hallo liebe Eva, ich finde sehr schön die Moglichkeit mich in diesem Fenster manchmal dir zu treffen.
    Deine Reise so kommentiert macht mir eine Art Erfahrung für den Geist. Wie immer gefäll es mir sehr.

    Ich vermisse dich etwa und wollte dich fragen wann du nach Hause.zurückkommst?

    Liebe Grüsse
    Cristina

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