Donnerstag, 22. Oktober 2009



Ganglanban 15. Oktober 2009

Der freundliche Hausmann meint mit einem strahlenden Lächeln, ja, das sei so, das sei jeden Tag so, nachdem ich mich darüber beklage, dass letzte Nacht statt Grillenzirpen bis ein Uhr morgens Musik laut durch das Quartier gedröhnt habe. Ich glaubte mich in der Wildnis und nebenan übten die Frauen offensichtlich weitere Tänze ein. Zwei Gruppen gleichzeitig, etwa 20 Meter voneinander entfernt, so dass ich in den Genuss von gemischter lauter chinesischer Opernmusik kam. Katzenmusik würde ich das nennen. Hier auf dem Land stört mich das stärker, denn ich weiss, wie es sein könnte. - Doch an den Stränden in Sansibar ist es dasselbe. Statt das Rauschen der Wellen hört man vielerorts an der Küste nur dass Donnern der Bassschläge aus Discotheken. Die Welt hat ihre Unschuld verloren. Und ich bin immer noch nicht ganz sicher, ob der Mann mein mühsam zusammengeklaubtes Chinesisch wirklich verstanden hat. Ich beklage mich und er strahlt mich lächelnd an und meint schliesslich, doch er könne schlafen.
Mich ärgert das, eigentlich wäre ich gerne eine weitere Nacht hier geblieben, das Haus gehört zu den wenigen, die noch nicht Glasscheiben eingesetzt haben. Die chinesische Regierung scheint die luftigen Holzhäuser der Dai als rückständig einzustufen. Und hilft deshalb, die Schindeldächer durch blaues Aluminium oder glasierte Ziegel zu ersetzen. In einem weiteren Schritt wird dann auch die Holzkonstruktion durch Stein ersetzt, die Fassaden werden schliesslich bunt bemalt und einzig die Bauweise auf Stelzen erinnert noch etwas an ein Dai-Holzhaus. Und dies alles mitten in einem Minoritäten-Themenpark, der das kulturelle Erbe präsentieren soll. Selbst hier, wo die Kultur der Dai gezeigt werden soll, absolut kein Respekt vor dem Alten. Man ist überzeugt, dass das Neue besser ist. - Ganz offensichtlich die Dai-Leute ebenfalls. Die scheinen recht viel Geld dafür gekriegt zu haben, als eine Art Zootiere oder Statisten in dem Themenpark zu leben. Viele sind nun statt Bauern, Guesthouse- und Restaurantbesitzer. Oder verkaufen Souvenirs. Oder machen mit an diesen Ethnospektakeln. Fast unter jedem der auf Stelzen stehenden Häuser, wo – wie ich lese - eigentlich die Tiere hausen, steht nun eine schwarze neue Limousine oder mindestens ein Motorrad. Und alle Wege im Park sind betoniert.

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