Freitag, 23. Oktober 2009



Jianshui, 21. Oktober 2009

Von Xingxi ist die Strase steil ein paar hundert Meter abgefallen nach Nancha, das merkwürdigerweise immer noch unter dem Namen Yuanyuang läuft. Die Stadt liegt auf einem tief eingeschnittenen Talboden, hier hat es keine Nebelschwaden mehr, es ist heiss, Palmen säumen den Strassenrand und bunt blühende Bougainvilleas hängen über die Mauern. Die Hügel ringsherum sind baumlos, von einer Garrigue ähnlichen Vegetation bewachsen, so trocken und kahl und ockerfarben und staubig war es schon lange nicht mehr. Gleich darauf schraubt sich die Strasse auf der Nordseite des Flusses unglaublich steil in die Abhänge eines Seitentales hinauf, die Ausblicke sind atemberaubend, die Kahlheit der Berge ebenfalls. Erst als wir wieder in grosser Höhe oben angelangt sind, beginnt der Nebel und damit erste Reisterrassen und Dörfer. Nach einem kurzen Plateau fällt der Weg bereits wieder ab, kahl die Hänge wieder, die Erde intensiv orangerot leuchtend, besonders dort, wo sich grosse Erosionstrichter gebildet haben und am schönsten vor grünen Föhren oder den hier angepflanzten Eukalyptusbäumen. Mr.Patersons Gegend, hier betreibt Sunshine Technology Wiederbewaldungsprojekte mit Eukalyptus. Und ehrlich gesagt, wenn der hier wachsen will, dann ist das sicherlich gut. Ganz offensichtlich sind die Hänge nach der Abholzung – man hat jetzt Mühe, sich vorzustellen, dass die einmal bewaldet waren – gänzlich ausgemagert, der Boden ist sehr arm, von selbst kommt hier kaum wieder Wald auf. Ein riesiges Gebiet ist das, das kann man sich in der Schweiz gar nicht vorstellen.

Heute habe ich schon wieder Glück gehabt in dem Sinne, dass ich problemlos ein gutes günstiges chinesisches Hotel gefunden habe, ich mag das Zimmer sehr. Nur sind am Abend in den Zimmern ringsherum offensichtlich vergnügungswütige Chinesen eingezogen, die sich ihr Leben mit Reisen und – des Abends eben, was kann man denn sonst machen in einer kleinen Provinzstadt - spielen versüssen wollen. So befinden sich momentan in meinem Nebenzimmern rund 10 Chinesinnen und Chinesen und spielen Karten. Ob sie dazu trinken, das weiss ich nicht. Dass das einen ganz fürchterlichen Krach macht hingegen schon. Dabei liegt mein Zimmer auf der Rückseite des Hotels, mit wunderbarem Blick über die tieferen alten Häuser, es war eine ruhige Nacht zu erwarten.
Ich bin nun in Jianshui, einem weiteren Ort, der erst daran ist, vom Tourismus erschlossen zu werden und in meinem Reiseführer gar nicht vorkommt. Es gibt hier einen Konfuziustempel und eine Altstadt, die noch wirklich Altstadt ist, will heissen lebt, obwohl auch hier sicherlich etliche Häuser nicht wirklich alten Datums sind sondern nachgebaut. Auffällig ist der für China hohe Anteil an verschleierten Frauen – nicht mehr als in Bern, das doch nicht - das habe ich im ganzen Süden sonst nie gesehen. Habe ich wohl deshalb heute etwas länger gebraucht um mein Abendbier zu finden, das ich mir wie immer, während des Schreibens im Hotelzimmer genehmige?
Jianshui ist noch eine ganz normale lebhafte Stadt, da würde ich gerne bleiben, doch mittlerweile habe ich einen strikten Fahrplan, am 30.Oktober ist Abreise. Die Abenddämmerung verbringe ich im Park und auf den grosszügigen Plätzen rings um den Konfuziustempel. Die Stunde, wo es alle aus den Häusern lockt. Die Vogelfreunde haben ihre Singamseln bereits in die Bäume gehängt und hören andächtig zu. Ein paar Drachenfreunde haben ihre Papiertiere in die Luft steigen gelassen wo sie um die Wette fliegen mit den viel wendigeren Fledermäusen, die Eltern kommen mit ihren Kleinen, für die es ein Karussell und weitere Spielzeuge hat, die Älteren vergnügen sich an Billardtischen, die im Freien stehen und des nachts zugedeckt werden, und alte Leute machen ihre Spaziergänge, Schüler wandeln in den Parks herum und lernen laut ihre Texte auswendig oder lesen sie mindestens ab. Ein friedlicher Herbstabend, ich fühle mich wohl.

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