Dienstag, 13. Oktober 2009





Jinhong 12. Oktober 2009

Manches ist wohl nicht Ostafrika oder China, sondern schlichtwegs einfach Tropen, Süden. Auch hier in Jinhong hat zwar nicht die Sauberkeit, jedoch die Perfektion in den Baderäumen nachgelassen. Das Wasser spritzt irgendwo aus der Dusche und man ist dankbar, wenn genügend Wasser in die Richtung spritzt, wo man es gebrauchen kann. Das Lavabo ist auch nicht richtig angschlossen, wenn ich die Hände wasche, dann tropft das Wasser auf die Füsse. Doch in dem tropischen Klima ist das alles egal. Während ich nun fast drei Wochen lang sehr genau überlegt habe, wann ich überhaupt mit Wasser in Kontakt kommen wollte – am Morgen war das solar gewärmte Wasser eiskalt, denn Speicher fehlen ganz offensichtlich, nur gerade nach einem sonnigen Tag konnte man von einer warmen Dusche sprechen – stehe ich hier bereits vor dem Mittag zum zweiten mal unter der Dusche und zu allem Überfluss ist das Wasser hier bereits am Morgen schon heiss. Mit richtiger Lust habe ich gestern deshalb als erstes eine Handwaschorgie im Badezimmer veranstaltet und anschliessend die Wäsche an einem Seil quer durch den Raum gespannt.

Nicht nur die sanitären Installationen sind hier von tropischem Typ. Auch sonst scheint man weit weg von Peking zu sein. Erstmals verlangt man im Hotel keine Passregistrierung, etwas das sonst in China peinlichst befolgt wird. Beziehungsweise lässt mich die Frau vom Hotel von letzter Nacht etwas mit Bleistift auf ein Formular eintragen, das sie vorher gerade mit dem Radiergummi ausgelöst hat. Da ist mir die Frau heute schon lieber, die überhaupt keinen Pass will. Ich habe das Hotel gewechselt, weil die Frau auch mir gegenüber unehrlich war – was mich nicht sehr erstaunte. 50 Yuan koste das Zimmer und 50 das Schlüsseldepot, etwas, das hier allgemein eingezogen wird. Heute dann will sie 100 für das Zimmer, von Schlüsseldepot keine Rede mehr. Ich ziehe sofort und samt Schlüssel um in ein weiteres Hotel, eher besser, ebenfalls für 50 Yuan, also etwas 9 Franken. Und hoffe, dass hier nicht wie im anderen Hinterhof, die ganze Nacht über gehämmert und gearbeitet wird. Jinhong ist ganz bestimmt keine ruhige Stadt, auch der Verkehrt fliesst bis nach Mitternacht, etwas, das in chinesischen Städten eher selten ist.

Im MeiMei Kaffee tröste ich mich dann mit einem Swiss Breakfast, zu teuer natürlich, dafür gut und genau gleich wie in der Schweiz. Das ist übrigens auch speziell in China. Wenn in einem Restaurant „Chinese und Western Food“ angeboten wird, dann gibt es meistens sowohl gutes chinesisches wie auch europäisches Essen. Nicht wie in Amerika oder Afrika, wo das zwar so heisst, aber im allgemeinen überhaupt nichts mit unseren Speisen zu tun hat. Hier ist unser Essen praktisch genau gleich wie zu Hause, ganz im Gegenteil habe ich kürzlich einem Koch das Kompliment gemacht, das sei der beste Hamburger, den ich je gegessen habe. Und das war keine Schmeichelei. Die haben all die notwendigen Zutaten original, eine Frau erklärte mir, richtigen Espresso oder Cappuccino, das könne man nur mit italienischem Kaffe machen, da gehe der einheimische Yunnankaffee nicht. Das kostet dann auch das Doppelte – jedoch immer noch viel weniger, als es in Europa kosten würde. Wie dabei der Transport bezahlt wird ist mir schleierhaft.
Beim Essen ist es also wie in allem hier in China: Die Kopien sind ganz erstaunlich gut. Weshalb ich mir ab und zu ein westliches Frühstück genehmige.

Zurück zum MeiMei Kaffe. Das habe ich auch aus meinem Führer. Die beiden Frauen, die es leiten, sprechen zwar dürftig Englisch, dafür sind sie derartig freundlich, mehr kann man wirklich nicht erwarten. Als ich mich dort beklagen gehe, die Frau im Hotel sei nicht ehrlich, da bringt mich das Mädchen sofort zum nächsten Hotel, das einen ebenso guten Preis hat und erst noch viel freundlicheres Personal. Ein Lob also dem MeiMei Kaffee in Jinhong. In diesem Kaffee hat es übrigens auch eine Bibliothek mit sehr vielen Reiseführern. Den „Lonely Planet“, leider von 1998, das ist in China hoffnungslos veraltet, und den „Rough Guide“ vom letzten Jahr. Und so stelle ich fest, dass offensichtlich der „Stefan Lose“ mehr oder weniger eine deutsche Übersetzung des „Rough Guide“ ist, selbst die Karten sind dieselben. Was für ein billiges Plagiat!

In Jinhong ist manches etwas anders als im bisherigen China. Ich treffe hier viele westliche Männer mit chinesischer Begleitung. Wohl der Einfluss vom nicht weit entfernten Thailand? Und im von Westlern extrem besuchten Meimei Kaffe, da hat es auch auffällig viele hübsche junge Chinesinnen. Mehr sage ich nicht dazu.

Heute habe ich einen grossen Teil des Tages im Botanischen Garten verbracht. Der hat zwar nichts mit einem botanischen Garten, wie wir uns das gewohnt sind, zu tun, ist jedoch eine riesige wunderschöne Gartenanlage. Mit Gewässern natürlich, das gehört in China zu jedem Park, aber auch mit einer Ecke mit tropischen Fruchtbäumen. Da hat es nicht nur einen einzelnen Mangobaum, nein gerade hunderte und das geht mit allem so. Und eine Gummibaumplantage – obwohl es das in der Gegend zur Genüge gibt. Das meiste ist nicht angeschrieben, man muss ja nicht immer wissen habe ich erst kürzlich gesagt, obwohl es mich hier doch recht interessiert hätte. Gestaltete Natur, wäre eine Bezeichnung für den Park. Alles sieht natürlich aus, ist es aber nicht im Geringsten, viele Bäume bonsaiartig zurechtgestutzt, ich übe mich beim Zeichen an einem IlangIlangbaum, der kunstvoll über einen Felsen gezwungen wurde. Beeindruckend ist auch die Ruhe, dass Singen der Vögel, das zirpen der Zikaden, sobald man zu den Parkmauern hereingekommen ist. Plötzlich ist der ganze Lärm der Stadt weg. Und unheimlich farbenprächtige Schmetterlinge flattern herum und chinesische Touristen hat es endlich nur noch wenige, die sich in der Gartenanlage verlieren.

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